Social Media Check: So steht es um den Schweizer Detailhandel
Der Schweizer Detailhandel befindet sich im Umbruch: Während der Umsatz seit 2016 stabil bleibt, verlagern sich über 10% der gesamten Einkäufe auf den E-Commerce. Wir haben uns gefragt, welche Auswirkungen dies auf die Social Media-Präsenz von Migros, Coop und Co. hat – die Antworten gibt es wie immer in unserem Social Media-Check.
Jüngst berichtete die NZZ über den digitalen Boom im Schweizer Detailhandel. Mit einer Zunahme von 10.3% im Jahr 2017 floriert das E-Commerce-Business und beschert Umsätze von rund 8.6 Milliarden Franken. Toll, dachten wir. Das bedeutet wohl Rabattschlachten, Sonderangebote und jede Menge geilen Content in den sozialen Medien. Ob sich unsere Vorahnung bestätigt hat oder wir nach dem Social Media-Check zum Anti-Depressiva greifen mussten, erfahrt ihr Step by Step:
Content first und das auch noch plattformgerecht
Was haben wir uns in vergangenen Social Media-Checks über unnötiges Crossposting und Content aufgeregt, der auf gewissen Plattformen schlicht und einfach nichts zu verloren hatte. Anders ist dies bei den Schweizer Detailhändler: Leckere Kochtipps auf dem Instagram-Account von Lidl Schweiz, spannende Hintergrundberichte über den Fairtrade-Reis von Coop auf LinkedIn und «härzige» Piep-Männchen auf dem YouTube-Channel von Migros. Dabei setzen alle Detailhändler vor allem auf Facebook und auch hier überzeugen die Aufritte meist durch ihre vielseitigen Inhalte: Events, Product Placements, Tipps, Rezepte und und und… Schnell stellt man fest: Der Konkurrenz-Kampf ist enorm – und wirkt sich positiv auf die Qualität aus. Bei all dem guten Content fallen die Schwachstellen einiger Detailhändler sofort auf, z.B. wenn die Post-Texte von Manor wieder mal etwas zu lang ausfallen oder Globus noch den Vornamen ihres YouTube-Channel-Gründers in der URL stehen hat. An dieser Stelle: Liebe Grüsse an Thomas.
Eine kleine Anmerkung noch zu Twitter, das gemäss einer Studie von Firegroup aus dem Jahre 2012 eine untergeordnete Rolle spielt. Zwar nutzen nur Migros, Coop und Aldi Suisse den Kurznachrichtendienst jedoch mit Erfolg. Kundenanfragen, Feedbacks und – ja, teilweise auch Gemecker – zeigen, dass sich die Detailhändler zu Recht mit dem blauen Vogel befassen.
Nutzerzahlen: Migros ist konkurrenzlos
Die Frage, ob die Online-User tendenziell eher ein Migros- oder Coop-Kinder sind, erübrigt sich wohl vorerst. Denn bis auf LinkedIn dominiert Migros sämtliche Social Media-Kanäle und zwar nicht zu knapp: Auf den fünf grössten Plattformen sammeln sich bis zur Publikation dieses Blogposts über 540’000 User. Wer als nächstes an Coop denkt, der irrt: Aldi Suisse, Lidl Schweiz und Manor haben allesamt ein grösseres Kundenpolster verteilt auf ihren Plattformen. Was soweit nicht erstaunt – schliesslich ist Coop auch viel später auf Social Media gestartet als seine Mitbewerber. Einen kleinen Wehrmutstropfen gibt’s trotzdem: Coop verbucht mit über 22’000 Follower auf LinkedIn schweizweit die meisten Online-User. Dort wird offensichtlich auch investiert: Das Business-Profil bietet spannende Einblicke in die Firmenkultur sowie eine repräsentative Auswahl an Jobs – gerade, was den digitale Sektor angeht.
Globus, Coop und Lidl Schweiz wachsen am stärksten
Wie in unseren anderen Social Media-Checks auch, sagen wir euch natürlich nicht nur, wer am meisten Nutzerzuwachs zu verzeichnen hat, sondern auch wieso. Mit einem Wachstum von 3.6 Prozent scheint Globus nämlich gerade einiges richtig zu machen. Und ja, dem ist so! Auf ihrer Webseite befindet sich nämlich dermassen viel einzigartiger Content, dass unser Browser bei der Recherche beinahe keine freien Tabs mehr öffnen wollte. Rezepte, How-to’s, Geschichten und obendrauf agiert Richard Kägi auch noch als persönlicher Foodscout. Dazu gibt’s jeweils die passenden Produkte – cleverer Content Commerce, meinen wir. Coop setzt vor allem auf Engagement. Der Einbezug der Community wird auf dem Facebook-Account deutlich. Direkte Fragestellungen, Games und ein dialogorientierter Austausch machen den Social Media-Auftritt gleichermassen unterhaltsam wie zugänglich. Beim Erfolgsrezept von Lidl hätten wir spontan auf René Schudel getippt, aber von dem ist auf den sozialen Medien nicht wirklich viel zu sehen. Stattdessen arbeitet auch Lidl Schweiz mit einem «Content Hub» auf der eigenen Webseite, wo Produkte durch Rezepte kontextualisiert werden. Hier haben wir dann auch René Schudel wieder angetroffen.
Reaktionszeit lässt auf lange Entscheidungswege schliessen
Mit einem Branchendurchschnitt von 20% (Antwort innerhalb eines Tages) gehört der Schweizer Detailhandel nicht gerade zur Avant-Garde in puncto Reaktionszeit. Das ist aber vielleicht auch gar nicht nötig, denn bis auf Globus betreiben die anderen Detailhändler ein ganz ordentliches Community Management. Fragen werden meistens gleich persönlich und in den Kommentarspalten beantwortet – so macht Social Media Spass! Ohne Globus schlecht reden zu wollen, wäre es hier sicherlich angebracht, sich mal über den Interaktionsgrad zu einigen. Nicht jeder Kommentar braucht eine Antwort, trotzdem schätzen es die User, wenn ihre Kommentare nicht unbeachtet bleiben. Unzufriedenheit über Produkt und Arbeitsbedingungen finden in Zeiten der sozialen Medien halt gut und gern auch mal den Weg auf die Pinnwand. Wie auf der Pinnwand von Denner deutlich wird.
Die Top 3 genauer unter die Lupe genommen
Migros hat nicht nur am meisten Online-User, nein, sie versorgen diese auch prozentual mit am meisten Content. Besonders positiv aufgefallen ist uns hierbei die fast tadellos kanalgerechte Aufbereitung der Inhalte. Gerade auf LinkedIn gab es einige spannende Insights über die Migros, die wir so nicht erwartet hätten. Nur den Instagram-Channel fanden wir – im Gegensatz zu den fast 34k Followern – nicht so prickelnd. Ganz anders sieht es bei Coop aus, hier haben wir uns gleichermassen an den Inhalten wie ab der einheitlichen Bildsprache ergötzt – toll! Auch hier lohnt sich ein Blick auf die Business-Netzwerke. Wer gerne mehr über die Genossenschaft mit Sitz in Basel erfahren möchte, sollte sich da unbedingt vernetzen. Beim Drittplatzierten Aldi Suisse steht ebenfalls die plattformgerechte Bespielung im Zentrum: Fun-Content auf Facebook, visuell ansprechende Bilder auf Instagram und spannender Info-Content auf LinkedIn. Auch beim Community Management lässt sich die Affinität zu Social Media aus den Kommentaren lesen – solche Auftritte sieht man gerne!
Fazit
Vielleicht ist es dem einen oder anderen Leser aufgefallen, dass es sich in diesem Social Media-Check nicht um 10, sondern nur um 8 Teilnehmer handelt. Der Grund hierfür ist schnell gegeben: Gerne hätten wir Landi und Volg in den Vergleich einbezogen, allerdings gab es hier kaum was zu analysieren. Jedoch besitzen beide Detailhändler eine Vielzahl regionaler Seiten, die vermutlich von den FilialeiterInnen erstellt worden sind. Eine ähnliches Beispiel ist bei den Detailhändlern mit Herkunft Deutschland zu nennen. Spar, Lidl und Aldi sind auf mehr als den angegebenen Plattformen vertreten und zwar jeweils mit unterschiedlichen Länderprofilen. Erwähnen wollen wir ausserdem Snapchat, das für spezielle Projekte eingesetzt wird respektive eingesetzt wurde. Migros scheint vor ein paar Jahren eine Offensive mit ihrer Migros Budget-Event-Linie gewagt zu haben. Viel mehr als ein Tweet aus dem Jahre 2016 ist diesbezüglich aber nicht übrig geblieben. Nicht so bei Coop, für zukünftige Azubis haben sie sich ein Netzwerk eingerichtet, zu dem auch Snapchat gehört. Das Re-Follow kam ebenfalls innert wenigen Minuten – vorbildlich!
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