Sarah Dovlo, als #Womanofaction, portraitiert by xeit. Die Frühaufsteherin über digitale Laster, das Lieblingskind LinkedIn und Trends im HR Marketing.
Als der Hashtag unserer Interview Serie definiert war – #womenofaction – war mir klar, dass diese Serie nicht ohne ein Interview mit Sarah Dovlo auskommen könnte. Sarah und ich haben nicht nur 43 gemeinsame Kontakte auf LinkedIn, auch sonst sind wir uns im Leben schon mehrfach begegnet: im Ort, wo wir aufgewachsen sind, später an der Uni. Und zuletzt durften wir sie auf Kundenseite in unterschiedlichen Projekten im HR Marketing unterstützen.
Sarah hat eine bemerkenswerte Karriere hingelegt: Nach dem Studium in St. Gallen hat sie ein paar Jahre auf Agenturseite gearbeitet, um dann bei der SBB und später bei der ABB das Employer Branding auf ein neues Level zu heben. Mittlerweile wohnt und arbeitet sie in Köln, wo sie als VP Global Employer Branding and Internal Communication die Deutsche Telekom rockt 😊 Und als ob das nicht reichen würde, beweist Sarah auch noch jede Menge sportliche Action, etwa als Marathonläuferin oder Tänzerin. Herzlich Willkommen Sarah – und vielen Dank, dass du dir trotz dem sicher vollem Tagesprogramm die Zeit genommen hast für diesen Austausch.
Wie startest du normalerweise in den Tag?
Nicht verwundern, ich stehe sehr früh auf. Um fünf Uhr läutet mein Wecker – Ich bin ein absoluter Morgenmensch. Mit Joggen und Yoga starte ich in den Tag. Um 7.30 Uhr oder 8 Uhr starte ich dann in den Arbeitstag.
Und wie sieht es bis dahin aus mit digitalen Tools?
Also ich muss zugeben, der erste Handygriff ist dann doch schon am Morgen aber eher um kurz Instagram zu checken, nicht die Arbeitsmails.
Was sind unverzichtbare Tools in deinem Alltag?
Privat wie auch Geschäft definitiv das iPad, darauf mache ich für gewöhnlich die Video Konferenzen. Das ist ja im letzten Jahr aufgrund der aktuellen Lage noch häufiger geworden. Wir waren zwar schon immer eher virtuell veranlagt, weil das Team international ist. Ich muss ehrlich zugeben, telefonieren tu ich nicht gerne, aber sobald ein Gesicht zu sehen ist über Video geht’s wieder. Die Person mit der ich spreche zu sehen, ist mir sehr wichtig.
Aber E-Mails schreibst du schon noch oder?
Ja auf jeden Fall – die sind noch nicht abgeschafft (lacht), aber unverzichtbar finde ich immer noch die Videocalls mit offener Kamera
Ein Tag ohne ….. (FB, Insta usw.) geht nicht. Wieso?
Eigentlich kann ich auch ohne Social Media, aber wenn ich auf meine Bildschirmzeit schaue, dann hat LinkedIn definitiv die Nase vorn. LinkedIn ist längst nicht mehr nur berufliches Netzwerk, bei dem es darum geht, Kontakte zu pflegen – auch wenn dieser Networking Aspekt zu Corona Zeiten sicher wichtig ist. Aber in den letzten Jahren sind auf LinkedIn auch immer mehr gute Inhalte zu entdecken. Weiter verwende ich WhatsApp privat sehr oft, vor allem da ich seit sechs Monaten nicht mehr in der Schweiz war und meine Freunde nicht gesehen habe.
Wir haben vor einigen Jahren mal eine Konferenz zum Thema Digital Detox veranstaltet. Du warst damals mit dabei. Ist der bewusste respektive gesunde Umgang mit Tools und Devices für dich heute auch noch Thema – gehst du manchmal auch auf «Entzug» oder bist du always on und trotzdem entspannt?
Ja ich glaube sogar mir ist es bewusster geworden, wie wichtig es ist, sich ab und zu eine Auszeit zu nehmen. Ich erwähne es zwar immer wieder aber vor allem jetzt in der aktuellen Situation schaue ich x Stunden in den Bildschirm. Dafür versuche ich am Abend oder über den Mittag die Geräte wenig bis gar nicht zu benutzen. Das gleiche gilt fürs Wochenende. Vor allem Jetzt ist ein Detox Modus ein Muss.
Gelingt dir das auch?
Natürlich nicht immer gleich gut. Am Abend hat mein Handy absolut nichts im Schlafzimmer zu suchen, es ist immer im Flugmodus irgendwo anders. Am Wochenende dasselbe – das Handy liegt bewusst in einem anderen Raum.
Wie gestaltest du deine Online Reputation? (Machst du es und wie aktiv?)
Ganz klar mache ich das. Ich konzentriere mich darauf, aktiver auf LinkedIn zu sein und regelmässig zu posten. Der Qualitätsanspruch bleibt trotz höherer Frequenz hoch. Darum liegt mein Fokus nur bei LinkedIn was Beiträge posten angeht.
Instagram nutze ich nur privat – da ist auch mein Profil nicht öffentlich und ich bin auch nicht mit Klarnamen zu finden. Diese Trennung ist mir wichtig. Wenn ich will, dass etwas im Netz bleibt, mache ich einen Beitrag und sonst gibt es ja noch die Story Funktion.
Bei der Deutschen Telekom bist du dir die Hashtags ja gewohnt. Ich sage nur #takepart #iwillnotstop – da passt doch #womenofaction ganz gut 😉 Wie wichtig ist Social Media bei deinem Job?
Immer wichtiger. Gerade jetzt mit Corona ist es umso wichtiger und auch die beste und derzeit einzige Art uns als Arbeitgeber nochmals erlebbar zu machen. Der Klassiker, Kandidaten einzuladen und durch den Betrieb zu führen, ist momentan nicht möglich. Zurzeit haben wir auch virtuell unsere Herausforderung neue, gute und unterhaltsame Wege zu finden.
Geht ihr dabei auch mal in die Interaktion?
Ja immer mehr. Die Interaktion mit den Usern ist wichtig. Sei es auf Instagram über Stories oder auch in Live Talks – hier haben wir die ersten Versuche mit LinkedIn gemacht.
Die Interaktion schafft tolle Möglichkeiten: Seit über einem Jahr sind wir zB auch aktiv auch auf TikTok oder führen Live Sessions auf Instagram durch. Oder wir haben auf unserer Karriereseite einen «Carrier matcher». Dieser funktioniert wie ein WhatsApp-Chat. Ein Chat wird gestartet zwischen dem jungen Talent und Telekom – wir finden heraus was der passende Berufseinstieg sein könnte und dann schlagen wir unsere freien Stellen vor. Ein wenig Gameification.
Welche Rolle spielt LinkedIn bei euch im Employer Branding – innerhalb der gesamten Kanalstrategie?
Unsere Hauptzielgruppe sind IT-ler oder Technikerfahrene also wirklich Berufserfahrene Personen. Darum ist es sehr wichtig nicht nur Attention zu bekommen, sondern Leads zu generieren. Sind sie potentielle Kandidaten, die in den Rekrutierungsprozess kommen. Budget können wir mit Linkedin effektiv und zielgerichtet einsetzen – genau die Kandidaten die wir auch ansprechen wollen. Also sehr wichtig für uns.
LinkedIn ist also das aktuelle Lieblingskind. Wie sieht es denn mit der älteren Schwester xing aus? Gemäss unserer jährlich durchgeführten Social Media Studie geht die Nutzung von xing in der Schweiz immer mehr zurück. Du bist mittlerweile in Deutschland zu Hause – ist es da allenfalls noch etwas anders – wie siehst du das? Und nutzt du die Plattform noch?
Ja xing ist noch relevant, aber weniger als Content Plattform, sondern als Talent Pipeline mit Unternehmensprofil. Wenn du mich fragen würdest, welches wichtiger ist, dann sicher LinkedIn.
Welche Anforderungen haben heute die jungen Talente? Wie werdet ihr diesen gerecht?
Eine ganz wichtige Anforderung ist der Sicherheitsaspekt. Für die GenZ hat dieser grundsätzlich schon eine grosse Bedeutung. Und durch die Corona-Krise hat das Thema Job-Sicherheit einen noch höheren Stellenwert bekommen.
Und das Thema Feedback ist sehr wichtig. Stichwort «Like for Like». Die Talente von heute brauchen viel mehr die Bestätigung oder Applaus für ihre Arbeit. Wie in den Social Medien: mit dem Daumen hoch.
Du hast vorhin gesagt, dass den Leuten Sicherheit wichtig ist. Denkst du, das gilt generell oder ist das eher bezeichnend für die Kandidaten, die sich bei einem grossen Player wie der Deutschen Telekom bewerben? Das hiesse ja sonst, der StartUp Groove ist out?
Ich denke schon, dass es noch Kandidaten gibt, bei denen das Thema Sicherheit eine kleinere Bedeutung hat. Jedoch im Allgemeinen sehe ich dass das Attribut Sicherheit in diesen Zeiten deutlich an Bedeutung bei der Wahl eines nächsten Arbeitgebers gewonnen hat. Man überlegt sich eher ob die Branche des neuen Arbeitgebers «Systemrelevant» ist. Insbesondere aber auch bei der Gen Z sieht man unabhängig davon: Traditionelle Werte sind wichtiger als bspw für Gen X z. B heiraten mit Mitte 20 und es ist auch nicht mehr so sexy diverse Länder bereist zu haben oder auch nach einer klassischen Führungskarriere zu streben, ist nicht mehr was die Leute wollen. Dies finde ich hat sich geändert.. Zudem: Die GenZ möchte nicht unbedingt Vollzeit arbeiten, sich auch nicht ein Leben lang für einen Arbeitgeber committen aber das ist auch gut so. Es gibt umgekehrt eine gewisse Flexibilität. Und passt auch zum Organisationstrend Agilität und flache Hierarchien.
Was sind aus deiner Perspektive die grössten Stolpersteine im Umgang mit Social Media im HR Bereich?
Ich denke diese Stolpersteine sind nicht nur im HR-Bereich wichtig, sondern sicher auch im Allgemeinen in der Kommunikation: Wichtig ist, dass man nicht einfach nur «rauspustet» was man hat, sondern in die Interaktion geht. Und mindestens genauso wichtig ist, sich vor Pseudo-Authentizität zu hüten. Wenn man unter dem Deckmantel der Authentizität etwas vorgaukelt, wird das schnell durchschaut.
Als Beispiel nehme ich ein Video was ich vor ca. zwei Monaten entdeckt habe. Das Unternehmen nenne ich nicht, aber auf dem Video war zu sehen wie eine Mitarbeiterin aus dem Investment Banking Bereich ihren 9-5 Job mit Yogamatte fröhlich und gelassen verlässt. Dieses Video kam überhaupt nicht gut an auch nicht bei Mitarbeitern der besagten Firma, und wurde auf Twitter zerrissen. Weil es einfach nicht stimmt. Darum ist die Authentizität sehr wichtig anders funktioniert es nicht mehr.
Wie hat sich deiner Meinung nach die HR-Branche in den letzten 10 Jahren entwickelt? Wie haben sich die Aufgaben im HR/Recruiting über die letzten Jahre verändert?
Ich glaube es hat sich wahnsinnig viel verändert. Vor 10 Jahren habe ich bei der SBB gearbeitet. Und zwar war Social Media auch schon ein Bestandteil des HR Marketing – aber eher so im Sinne eines „nice to have“. Damals hiess es «Ja fangen wir mal an». Nach und nach hat sich das Blatt gewendet heute ist die Webseite nebensächlich und Social Media übernimmt die Führung.
Employer Branding, Karriereseiten, Recruiting Kampagnen – Marketing ist definitiv im HR angekommen. Welches sind deine lieblings-Beispiele, die sich andere Unternehmen, die noch nicht ganz so weit sind, zum Vorbild nehmen können? Und was machen die besonders gut?
Ich nehme ein Beispiel aus Deutschland – das ich aber schon früher „best Practice“ fand: Die Deutsche Bahn. Sie suchen immer neue Möglichkeiten, bleiben innovativ, machen Jobs nahbar und starteten dieses Jahr sehr schnell eine Kampagne, die die Arbeitgebermarke DB bestimmt stärkte. Die Hauptaussage war, dass sie immer noch rekrutieren auch trotz Corona.
Ein anderes Beispiel habe ich letztens bei Otto gesehen. Dies eignet sich vielleicht sogar noch besser für kleinere Firmen. Otto hat ein interaktives Format auf ihrer Webseite, wo Bewerber direkt über einen Chat mit Mitarbeitern – zB aus der Informatik – in Kontakt treten können. Und so einen echten Einblick gewinnen.
Was sind für dich spannende, neue HR-Tech Firmen/Startups?
Es gibt so viele da würde ich ungern einzelne Nennen, dafür aber lieber auf Themen. Was ich dieses Jahr unbedingt probieren möchte ist Programmatic Job Adverstising. Damit kann man Job Anzeigen auf Job Portalen und auf externen Plattformen automatisiert zielgruppenspezifisch ausspielen und bewerben. Eine spannende Kombi.
Gibt es auch Themen oder Tools in der Branche, die du für überbewertet hältst?
Da fällt mir kein spezielles Tool ein. Warten wir ab in welche Richtung es bswp mit Clubhouse geht, ob es doch nur ein Hype und kein Trend sein wird.
Witzigerweise hatte ich zu Zeiten von ABB gedacht, dass Podcasts überbewertet sind. Trotzdem habe ich sie damals mit xeit im Rahmen einer Recruiting Kampagne umgesetzt. Und ich lag glücklicherweise mit meiner Einschätzung völlig falsch. Also muss man vorsichtig sein mit Prognosen.
Welcher Online-Trend wird deine Branche zukünftig beeinflussen?
Die Personalisierung ganz sicher, genauso im Recruiting wird es immer wichtiger. Personalisierte Kandidatensprache, dann Thema Social Commerce, und sicher wird auch das Thema Corporate Influencer wichtig bleiben: weil Leute sich nicht nur für Firmen interessieren, sondern vor allem für die Personen dahinter.
Ein Fragezeichen, bei welchem ich nicht sicher bin in welche Richtung dass es gehen wird, ist die künstliche Intelligenz. Es sind spannende Use Cases denkbar – wie zB KI die Erstselektion unterstützen kann, und dabei einen cultural Bias eliminieren kann. Aber noch ist die Technologie nicht ausreichend ausgereift.
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Fragen aus dem Publikum, anlässlich der Interview Durchführung auf Clubhouse
Nicht alle Personen die sich bei euch bewerben sind auch wirklich aktiv auf Social Media. Wie steht ihr zu Bewerbern, die sich nicht mit den Tools auskennen ?
Es kommt auf die Posititon darauf an. Wir erwarten natürlich nicht von jedem, dass er ein Profi darin ist und für die die es lernen wollen, haben wir auch Programme die ihnen diese Möglichkeiten näher bringen.
Stichwort Employee Advocacy: Es gibt ja auch Personen die sich weniger gerne auf den Socialen Medien zeigen oder unsicher sind im Umgang, und daher auch nicht gerne Inhalte teilen. Wie geht ihr damit um?
Da haben wir auch ein Programm und Training z B für IT Leute die nicht unbedingt vertraut sind mit dem Thema. Hier bieten zum Beispiel «Pimp my social profile» an, um Ihnen genau diese Unsicherheit zu nehmen und ihren eine gute Basis zu geben. Wir setzen zudem schon länger ein Tool für Employee Advocacy ein – damit bieten wir Mitarbeitern mit einer weniger hohen Affinität zu den Tools eine Niederschwellige Möglichkeit, unsere Inhalte zu teilen.
Wie werden die Bewerber aufmerksam auf die Deutsche Telekom?
Da wir messen, wo die Conversions herkommen, können wir das relativ genau sagen. Die Antwort hängt etwas von der Berufsgruppe ab: Bei den Berufserfahrenen zum Beispiel ist LinkedIn einer der am besten performenden Kanäle.
Natürlich gibt es auch da eine Dunkelziffer: Leute, die eine Anzeige zB auf LinkedIn gesehen haben und sich dann als mittels Direkteingabe über die Unternehmensseite bewerben.
Und: reine Employer Branding Massnahmen sind schwer messbar – ein Tracking macht nur Sinn, wo es auch einen Link zu einer Stellenanzeige oder der Karrierewebsite gibt. Bei unserem TikTok Auftritt zB ist eine Messung so gut wie unmöglich. Wir sehen zwar, wie viele Leute Videos ansehen und damit interagieren. Aber das wars dann auch.
Wie geht ihr mit dem Thema Bewertungen um? Betreibt ihr aktives Monitoring?
Ja, Arbeitgeberbewertungen nehmen wir sehr ernst. Wir schauen uns Bewertungen auf Kununu immer an. Kritische leiten wir auch dem Fachbereich weiter. Wir sind im Vergleich zum letzen Jahr viel besser dran. Wir liegen zwar nicht in den Tp 10 der besten Arbeitgeber aber haben ähnliche Bewertungen wie die Top 10.
Fordert ihr Bewertungen auch aktiv ein?
Nein das machen wir zur Zeit noch nicht. Und wenn, dann fänd ich es wichtig, es quer über alle Bewerber oder Mitarbeitenden zu tun – nicht nur die, die zB einen Job bekommen haben. Schliesslich wäre ja das Ziel, dass auch ein abgelehnter Bewerber eine gute Bewertung hinterlässt. Und es eventuell ein zweites Mal probiert.
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