Tipps für User Research
Im Zuge eines Website Relaunches oder bei der Planung einer neuen Webseite kann es enorm hilfreich sein, auch den Kunden oder möglichen Kunden zu befragen. Im User Centered oder User Experience Design ist User Research ein fester Bestandteil der Planung. Wenn der Kunde ins Zentrum des Planens und Handelns gestellt wird, muss ihm auch entsprechend Gehör verschafft werden. Was dabei besonders zu beachten ist und was zu vermeiden gilt, erfahrt ihr in diesem Blogpost.
Tipp 1: Wähle die richtige Erhebungsmethode
Es gibt eine Menge Erhebungsmethoden. Die Norman Nielson Group stellt dazu ein 3-Dimensionales Framework auf:
- Einstellung vs. Verhalten
- Qualitativ vs. Quantitativ
- Kontext der Nutzung
In den ersten Schritten der User Experience Konzeption untersuchen wir meist qualitativ. Und zwar möchten wir in dem Stadium erst einmal mehr über den Nutzer und seine Bedürfnisse erfahren. Dieser Prozess wird auch «Empathise» genannt. Dazu können wir Benutzer interviewen, einen Fragebogen ausfüllen lassen, beobachten, eine Kontextanalyse (Contextual Inquiry) machen oder uns von den Nutzern erklären lassen, wie sie eine bestimmte Handlung durchführen (Apprenticing). Auch Mix-Varianten sind denkbar.
Wichtig ist es, die passende Methode für die jeweilige Fragestellung zu finden. Gerade im B2B kann eine Beobachtung teilweise sinnvoller sein als reine Interviews. Menschen ist nicht immer bewusst, was sie wann aus welchen Gründen tun. Aus Gewohnheit kann es schon mal vorkommen, dass sie ein Tool als zweckdienlich bezeichnen und erst beim Zuschauen fällt auf, wie schwerfällig die Prozesse tatsächlich sind.
Quantitativ untersuchen wir meistens im Zuge einer Conversion Optimierung – also im Fine Tuning, respektive nach der Umsetzung. Der Nutzer wird durch den gesamten Prozess hindurch immer wieder gefragt. Dabei können neben Umfragen, A/B-Tests oder Mouse-Tracking-Studien sehr gute Feedbacks geben.
Tipp 2: Testet die Fragen
Fragen sollten immer zuerst getestet werden mit einer Testperson in einem kompletten Test-Setting. Das kann ein Mitarbeiter einer Agentur sein oder sonst jemand, der nicht mit dem Projekt betraut ist. Wichtig ist, dass die Person das Projekt nicht weiter kennt und nicht schon voreingenommen ist – sonst bringt leider auch der erste Test nichts.
Getestet wird, ob die Fragen verständlich sind, sie den Probanden nicht unnötig in eine Richtung lenken und komplett sind und man am Ende eine Antwort auf alle wichtigen Fragen hat.
Wir empfehlen, einen realistischen Testlauf durchzuführen. So ist auch die Testleiterin optimal vorbereitet und die Durchführungszeit ebenfalls überprüft.
Tipp 3: Suche repräsentative Personen aufgrund deiner Personas
Es ist schwer zu beschreiben, wie das ist, wenn plötzlich eine zu Fleisch gewordene Persona vor einem sitzt, die es davor nur auf Papier gab. Auf jeden Fall ist es augenöffnend. Teilweise werden zuvor definierte Ausprägungen bestätigt, in den meisten Fällen wird das Bild aber vor allem angereichert um Farben wie mehr Details, neue Informationen und halt das reale Nutzerverhalten oder die realen Antworten. Plötzlich sitzt da jemand, der die wirklichen Antworten liefern kann – echt faszinierend!
Am einfachsten geht das über eine unabhängige Recruiting Agentur. Wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht mit TestingTime. Die Firma hat einen sehr einfach zu bedienenden Konfigurator mit dem die Kriterien und Anzahl Personen angegeben werden können. Im Preis ist dann auch gleich die Bezahlung der Testpersonen inbegriffen. Und die Test-Personen waren allesamt top! Merci 😊
Tipp 4: Befragt auch richtige Kunden, die den Personas entsprechen
Um so viel wie möglich zu erfahren, ist es sehr wichtig, auch richtige Nutzer oder Kunden zu befragen. Weil diese immer etwas befangen sind von der bisherigen Anwendung, sollten sie unbedingt nach den Informationen befragt werden, die uns mögliche Kunden nur aufgrund ähnlicher Erfahrung liefern können.
Das Framework heisst 5 Buyer Persona Insights und stammt aus dem Buch «Buyer Personas» von Adele Rivella. Dabei fragen wir Kunden nach ihrer Customer Journey, vom ersten Auftauchen des Problems bis zum Kauf und eventuell noch darüber hinaus. Weiter fragen wir nach dem Investitionsauslöser, den Erfolgsfaktoren des Produktes, den typischen Hürden, die sie womöglich von einem Kauf abhalten könnten, und warum sie sich ausgerechnet für dieses Produkt entschieden haben und nicht für ein anderes. Das gibt uns ein tieferes Verständnis des Kaufverhaltens unserer Kunden.
Tipp 5: Beeinflusse deine Probanden nicht
Egal ob beobachtet, befragt, in Fokus Gruppen diskutiert oder eine Umfrage verschickt wird – wichtig ist es, die Probanden oder Befragten selbst denken und antworten zu lassen. Je mehr man vorwegnimmt, suggeriert oder mit Mimik und Gestik beeinflusst, absichtlich oder unabsichtlich, umso weniger aussagekräftig ist das Ergebnis letztlich. Darum müssen die Fragen sehr sorgfältig vorbereitet und auf alle möglichen Biases hin bereinigt werden. Im Idealfall schaut ein Psychologe nochmals drüber. Beim Fragen selbst sollte die Testleiterin so freundlich und neutral wie möglich fragen.
Testleiterin sollte zudem eine Person sein, die sich mit dem Befragen von Personen auskennt und die Fragen alle versteht. Mit dem Projekt selbst sollte diese Person aber besser so wenig wie möglich zu tun haben. In das Projekt involvierte Personen eignen sich dafür wunderbar zum Beobachten und Aufschreiben der Antworten und Verhalten.
Tipp 6: Gut zuhören und aktiv nachfragen und bekräftigen
Häufig fühlen sich befragte Personen unsicher. Es ist wichtig, dass sie von Beginn an wissen, dass nicht sie, sondern die Anwendung getestet wird und sie nichts falsch machen können.
Dennoch muss die Testleiterin darauf hinweisen, wenn die Testperson dennoch nicht verstanden hat, was und dass sie alles tun und lassen soll und darf.
Hilfreich kann es auch sein, die Person in ihrer Antwort zu bekräftigen mit einem einfachen «ja» oder sogar «genau». Menschen fühlen sich in einer solchen Situation häufig gehemmt. Ein Bestärken ihrer Antwort kann helfen, das Eis etwas zu brechen. Auf jeden Fall sollte man ihnen immer das Gefühl geben, das Richtige gesagt zu haben.
Auch wichtig ist es, an den richtigen Stellen nachzufragen, wie sie das genau gemeint haben oder worauf sie das beziehen, um stellenweise in der Tiefe noch etwas detaillierter Feedbacks zu erhalten.
Tipp 7: Freie Frage zum Schluss
Am Ende des Tests oder der Befragung immer noch eine offene Frage stellen, wie z.B. «Gibt es etwas, was sie noch sagen wollten?», «Ist ihnen sonst noch etwas aufgefallen, was sie verbessern würden?» Wir vergessen ja immer etwas und wenn die Person schon vor einem sitzt, wäre es ja sehr schade, wenn wir nicht noch nach weiteren Inputs gefragt hätten.
Fazit
User Research bricht das Eis zwischen Angebot und Kunden. Es ermöglicht eine Anwendung auf den Kunden zuzuschneiden. Dafür gilt es die richtige Erhebungsmethode zu wählen, Fragen zu testen, Mögliche Kunden wie auch Kunden zu befragen, Testpersonen beim Fragen nicht zu beeinflussen, gut zuzuhören und nachzufragen und dem Befragten Raum für seine Inputs zu geben – so kann eigentlich fast nichts mehr schief gehen! 😉
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