Zum Inhalt springen

10 Usability Heuristiken nach Jakob Nielsen – Usability erklärt

keine Kommentare

Schon 1994 hat Jakob Nielsen die 10 Usability Heuristiken erfunden. Und immer noch sind sie ein gutes Werkzeug, um im UX Design-Prozess Benutzerinteraktionen und User Interfaces zu gestalten. Die 10 Prinzipien oder Faustregeln helfen, ein möglichst benutzerfreundliches Design zu schaffen. In diesem Artikel werden die 10 klassischen „UX Regeln“ anhand von Beispielen erklärt.

Herkunft und Bedeutung der 10 Usability Heuristiken

Der Begriff Heuristik bedeutet in der Verhaltenspsychologie ein Vorgehen, bei dem trotz unvollständigem Wissen und begrenzter Zeit Aussagen oder Entscheidungen getroffen werden. Im Alltag handeln wir ständig nach Heuristiken und auch im UX Design kann man damit gut gestalten. Ein User-Testing ersetzt es zwar nicht, aber grössere Fehler werden anhand der 10 Punkte gut erkannt. Jakob Nielsen entwickelte diese zehn allgemeine Prinzipien für gutes Interaktionsdesign und  verwendet dabei bewusst den Begriff Heuristik, da es sich eben nicht um Richtlinien sondern eher um Faustregeln handelt.

1. Sichtbarkeit des Systemstatus

Das System soll den Benutzer stets innerhalb angemessener Zeit durch angemessenes Feedback über den aktuellen Stand auf dem Laufenden halten. Dabei kann die Rückmeldung sowohl dauerhaft wie auch temporär sein.

Die Aktion hinter jedem Button oder Link soll für den Benutzer klar sein. Je häufiger genau bei einer Aktion das erwartete Ergebnis eintritt, desto höher steigt das Vertrauen des Benutzers.

Beispiele:

  • Breadcrumbs zeigen an, wo sich ein Benutzer auf einer Website befindet. Sie werden durchgehend angezeigt.
  • Während dem Speichern eines Word-Dokuments wird ein Fortschrittsbalken angezeigt. Wenn die Aktion abgeschlossen ist, verschwindet die Meldung wieder.

2. Übereinstimmung von System und Wirklichkeit

Das System soll die Sprache des Benutzers sprechen und nicht eine Systemsprache oder technischer Jargon. Je näher Interaktionen an den Vorbildern in der realen Welt sind, umso einfacher für den Benutzer.

Dabei spricht man häufig vom mentalen Modells des Benutzers. Benutzer stellen sich digitale Workflows oftmals sehr analog vor. Wenn das System sich dann so verhält, ist die erste Heuristik wiederrum eingehalten und der Benutzer zufrieden. Je nach Zielgruppe können die Vorstellungen der Benutzer und ihre Erfahrungen sehr verschieden sein. Hier ist es wichtig guten UX Research zu machen.

Beispiele:

  • Swipen auf dem Handy wie Papier verschieben
  • Gelöschte Elemente sind im Papierkorb zu finden

3. Nutzerkontrolle und Freiheit

Wenn ein Benutzer eine Aktion tätigt, braucht es immer einen Weg, die Aktion rückgängig zu machen. Denn nicht jeder Benutzer klickt nur, was er tatsächlich tun möchte. Dies stärkt die Fehlertoleranz eines Systems.

Wenn es einfach ist, einen Fehler rückgängig zu machen, stärkt dies das Selbstvertrauen des Benutzers. Viele unerfahrene Benutzer haben grosse Angst davor, versehentlich das Falsche zu tun und brauchen Notausgänge wie einen „Abbrechen“-Button.

Beispiele:

  • Zurückbutton im Browser
  • Schliessen von unerwünschten Fenstern mit einem X oben rechts
  • Undo-Aktion in Asana, falls man die falsche Aufgabe abgehakt hat

4. Beständigkeit und Standards

Eine durchgängige Verwendung von Wörtern und Ausdrücken in Menüs und Bedienelementen ist für den Benutzer hilfreich. Bestehende Standards und Konventionen sollen eingehalten werden.

Sofern man nicht Microsoft oder Google ist, kann man davon ausgehen, dass die Benutzer häufiger Anwendungen benutzen, welche nicht von einem selbst gestaltet wurden. Die Erfahrungen mit diesen Anwendungen setzten die Erwartungen für die User Experience.

Interne Konsistenz

Innerhalb einer Produktefamilie (z. B. Adobe Creative Suite) werden die gleichen Icons für die gleichen Aktionen verwendet. Gleiches sollte auch für die Tastenkürzel gelten. Wobei es da Ausnahmen gibt, was wiederrum Probleme in der User Experience verursacht.

Externe Konsistenz

Wenn ein häufig vorkommendes Problem mit bereits etablierten Lösungen plötzlich ganz anders gelöst werden, ist dies für den Benutzer herausfordernd. Es soll, wo passend, auf bestehende UI Patterns (Navigationen, Logo oben links, Suchfunktion) zurückgegriffen werden, um den Benutzer zu entlasten.

Beispiele:

5. Fehlervermeidung

Eine gute Fehlermeldung (z.B. bei einer Error 404 Seite) ist wichtig. Noch besser wäre es jedoch, wenn gar nicht erst ein Fehler auftauchen würde. Fehleranfällige Zustände sollen möglichst vermieden werden oder vom Benutzer eine Bestätigung erfordern.

Gemäss Nielsen gibt es zwei Arten von Fehlern. Ausrutscher als unbewusste Fehler aufgrund fehlender Aufmerksamkeit und bewusste Fehler. Bei bewussten Fehlern hatte der Benutzer eine andere Erwartung an das System, als dann tatsächlich geschah. Sprich, das mentale Modell des Benutzers stimmte nicht mit dem System überein, was häufig mit Heuristik 2 zusammenhängt.

Beispiele:

  • Rückversicherung vor dem Löschen: „Wollen Sie das Dokument löschen? Diese Aktion ist unwiderruflich“.
  • Bestätigungsabfrage vor dem Versenden eines Newsletters: „Wollen Sie den Newsletter an 3023 Empfänger versenden?“

6. Wiedererkennung statt Erinnerung

Es ist für den Benutzer einfacher, Informationen wiederzuerkennen, als sich zu erinnern. Der Benutzer soll nicht gezwungen werden, sich Informationen zu merken, sondern das System soll alle jeweils benötigen Informationen anzeigen.

Das menschliche Kurzzeitgedächtnis ist begrenzt. Je weniger der Benutzer aktiv im Kopf halten muss, umso kleiner ist die sogenannte kognitive Last. Das heisst auch, gestresste oder abgelenkte Benutzer haben eine höhere Wahrscheinlichkeit zum Ziel zu kommen.

Beispiele:

  • Formularfelder sollten stets sichtbare Labels haben
  • Ein schrittweiser Onboarding-Prozess hilft mehr als ein Tutorial, an dessen Schritte man sich erinnern muss

7. Flexibilität und Effizienz

Shortcuts wie Tastenkürzel können die Interaktionen für Poweruser beschleunigen. Wenn diese Shortcuts neuen Benutzern nicht im Weg stehen, kann ein User Interface geschaffen werden, welches für beide Benutzergruppen optimal ist.

Ein Interface kann auch verschiedene Varianten zur Lösung des gleichen Tasks zur Verfügung stellen.

Beispiele:

  • Tastenkürzel
  • Möglichkeit für eigene Optionen und Workflows
  • Asana lässt sich als Liste oder als Kalender darstellen, je nachdem, was gerade hilfreicher ist
  • Browser lassen sich mit Plugins mit Funktionen erweitern (z.B. Browserplugins für Webworker)

8. Ästhetisches und minimalistisches Design

Ein Interface sollte keine irrelevanten oder selten gebrauchten Informationen enthalten. Je zusätzliche Informationseinheit konkurrenziert mit den relevanten Informationen und vermindert deren Sichtbarkeit.

Damit ist nicht etwa der Designtrend Flatdesign gemeint, sondern es geht darum, Inhalt und Visual Design auf das Relevante und Notwendige zu reduzieren. Alle Elemente des Interfaces sollen die primären Ziele des Benutzer unterstützen.

Beispiele:

  • Mit dem Mobile First-Ansatz Inhalte priorisieren
  • Unnötige / weniger relevante Elemente können visuell reduziert oder gar verborgen werden

9. Hilfestellung beim Erkennen, Bewerten und Beheben von Fehlern

Fehlermeldungen sollten in klarer einfacher Sprache das Problem erklären und konstruktive Lösungen vorschlagen.

Die Fehlermeldungen sollten visuell erkennbar sein und auf gängige Signale wie fette Schrift, roter Text zurückgreifen. Im Idealfall wird eine unmittelbare alternative Lösung vorgeschlagen.

Beispiele:

  • Error 404-Seiten mit Suchfunktion
  • Ein nicht verfügbares Produkt verlinkt auf ähnliche Ersatzprodukte

10. Hilfe und Dokumentation

Ein System sollte möglichst ohne zusätzliche Information auskommen. Dennoch ist eine gute Dokumentation für viele Benutzer sehr hilfreich.

Die Dokumentation sollte einfach zu durchsuchen sein und Task-basiert aufgebaut sein. Konkrete Schritte sollten als Listen erfasst sein.

Beispiele:

  • Die Dokumentation für viele Programmiersprachen oder Frameworks sind entscheidend für Ihren Erfolg (z. B. Das Framework Bootstrap)

Fazit zu den 10 Usability Heuristiken

Die aufgezeigten Heuristiken haben auch nach vielen Jahren noch ihre Gültikgeit. Die Faustregeln für gute Interaktionen können eine gute Hilfe bei der Gestaltung von User Interfaces sein. Auch wenn die meisten Prinzipien selbstverständlich erscheinen, gibt es doch immer wieder Systeme, die davon abweichen. Dabei kann man hier auch ohne Personas oder User Testing schon sehr viel erreichen.

Gerne beraten wir Sie in Ihren Webprojekten oder in UX Fragen.

keine Kommentare

Dein kommentar zum artikel

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Tags & Verwandte artikel

Mehr Besucher für Ihre Internetpräsenz.


Unsere Website verwendet Cookies, die uns helfen, unsere Website zu verbessern, den bestmöglichen Service zu bieten und ein optimales Kundenerlebnis zu ermöglichen. Durch Nutzung dieser Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies für Analysen, personalisierte Inhalte und Werbung zu. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Akzeptieren