Social Media Check: Wie online sind die Schweizer Medien?
Die Schweizer Medienlandschaft ist im Umbruch. Stärker denn je spüren Medien den Druck der Digitalisierung. Während bis 2008 die Auflagen noch anstiegen, sind die Zahlen seither klar zurückgegangen. Vor einem Jahr haben wir den Social Media Auftritt der Schweizer Medienlandschaft analysiert. Nun wird es Zeit, NZZ, Tagi, Blick und Co. erneut unter die Lupe zu nehmen.
1. Social Media erhält einen immer grösseren Stellenwert
Alle der 10 Medienunternehmen im Check zwitschern und posten fleissig und tragen so ihre Artikel an ein breites Publikum weiter. Wie bereits im letzten Jahr sind Facebook und Twitter unangefochten am beliebtesten bei den Medienhäusern. Aber auch YouTube und Instagram werden stärker genutzt als im Vorjahr (YouTube 2018: 60% / Instagram: 70%). Besonders interessant erscheint die Tatsache, dass LinkedIn zwar für die meisten Medienunternehmen zum Social Media Repertoire gehört, die Plattform allerdings überhaupt nicht aktiv bewirtschaftet wird. Verwaiste Profile oder alte Postings finden sich hier, und zwar durchs Band. Sehr schade, wie wir finden. LinkedIn kann durchaus auch als Kommunikationsmittel genutzt werden und ist weit mehr als nur ein Karriereportal. Ähnlich verhält es sich mit Xing. Hier haben aber lediglich 4 von 10 Unternehmen überhaupt ein Unternehmensprofil angelegt.
2. Boulevard-Presse auch auf Social Media beliebt
Bereits auf den ersten Blick wird deutlich, dass die Boulevardpresse die Nase vorn hat, was die Followerzahlen angeht. Insbesondere Ringier und Tamedia scheinen ein gutes Händchen zu haben und können ihre Stärke auch auf Social Media beweisen. Auf Facebook stiehlt Le Matin allen anderen klar die Show. Mehr als 750’000 Menschen verfolgen das Tagesgeschehen von Le Matin (Tamedia zugehörig) auf Facebook. Gleich dahinter folgen 20 Minunten (Tamedia) und der Blick (Ringier). Auch auf Twitter, LinkedIn, YouTube und Instagram wird klar, wer den Ton angibt. Letztendlich sind die Inhalte der Boulevardpresse leichtere Kost und erreichen deshalb auch eine hohe Reichweite. Hier ist es schwierig, als NZZ oder Tagesanzeiger dagegen anzuhalten. Lediglich auf Twitter schafft es die Neue Züricher Zeitung, mit 20 Minuten Schritt zu halten.
3. Basellandschaftliche Zeitung überrasch mit enormem Nutzerzuwachs
Der Nutzerzuwachs auf Facebook ist für alle Unternehmen im Check sehr gross. Mit einem Plus von 46% konnte der Blick im letzten Jahr seine Followerzahl fast verdoppeln. Auch Le Matin profitiert von steigenden Nutzerzahlen und einem grossen Einzugsgebiet. Allen voran ist die Entwicklung der Basellandschaftlichen Zeitung. Von etwas mehr als 2’000 Followern konnte die Anzahl dieses Jahr auf beinahe 16’000 gesteigert werden. Mit Social Media gerechten (kurzen) Post-Texten überzeugt der Facebook-Auftritt. Ein wichtiger Faktor für den enormen Zuwachs bleibt aber der Einsatz von Page-Like-Ads, welche von der Basellandschaftlichen Zeitung genutzt werden. Die bezahlten Posts erreichen deutlich mehr Menschen als organische Postings und fordern den Leser dazu auf, der Seite zu folgen.
4. Dialog sieht anders aus
Eine grosse Scheibe könnten sich die Schweizer Medienunternehmen in Punkto Reaktionsfreudigkeit von anderen Brachen im Check abschneiden. Die Angabe, wie schnell auf Anfragen reagiert wird, ist beinahe von allen Unternehmen verborgen worden. Lediglich das St. Galler Tagblatt und der Blick geben an, wie schnell auf Facebook mit einer Antwort gerechnet werden kann. Auch bezugnehmend auf das Community Management ist noch viel Luft nach oben. Posts werden mit Link zum Newsbeitrag abgesetzt und verschwinden schnell in der Flut von Veröffentlichungen. Selbst wenn ein Beitrag hitzige Diskussionen auslöst, fühlen sich die Medien im Check nicht verpflichtet, die Unterhaltung zu moderieren. Die Zeit der Einweg-Kommunikation ist vorbei, Social Media verlangt nach Interaktion und Dialog. Diese Botschaft ist bei den Medienunternehmen im Check wohl noch nicht angekommen.
5. Facebook und Twitter als Multiplikatoren
Wohl keine Branche im Check kann mit der Flutwelle an Postings mithalten, welche von Schweizer Medien auf Social Media veröffentlicht werden. Bis zu 50 Tweets werden täglich abgesetzt, grösstenteils Breaking-News. Allerdings sind auch Verweise auf die eigene Online-Ausgabe sehr häufig zu finden. Hier lautet das Motto: schneller sein als die anderen. Auf Facebook sucht man vergeblich nach eignes kreiertem Social Media Content. Der wichtigste Bestandteil sind unübersehbar News-Artikel. Link reinkopieren, kurzen Post-Text einfügen und fertig ist der Post. Kein Wunder, können andere Branchen nicht mithalten. Das Tagesgeschäft der Schweizer Medien ist und bleibt die Contentproduction. Rein fachlich gibt es hier nichts zu meckern. Die anderen Plattformen gehen allerdings etwas unter. Instagram dient hauptsächlich zur Ergänzung des Social Media Auftritts. Die weniger starke Nutzung hängt sicherlich damit zusammen, dass Instagram keine Linkposts zulässt (ausser als Ad). Das macht es schwierig, die User auf das eigene News-Portal zu verweisen. Eine Ausnahme macht hier das St. Galler Tagblatt. Im Rahmen eines Experiments/ Pilotprojets testen die Ostschweizer aktuell (neben anderen digitalen Features) die Verwendung der Story Funktion, um jüngere Leserinnen und Leser zu erreichen. Erste Ergebnisse fallen positiv aus. Weshalb LinkedIn kategorisch vernachlässigt wird, ist und bleibt die grosse Frage.
6. Sonstige Branchentrends
Obwohl wir uns in der Auswahl etwas eingrenzen mussten, gibt es einige spannende Facts, die es verdient haben erwähnt zu werden:
- Crossposting kommt sehr häufig vor. Zu 99% werden ausschliesslich Nachrichten der eigenen Zeitung geteilt.
- Das Betreiben eines eigenen Blogs ist für Medienunternehmen nicht prioritär, was auch verständlich ist. Das News-Portal an sich liefert genügend Möglichkeiten und dient als Content-Hub.
- Instagram wird von den untersuchten Playern lediglich von 20 Minuten (und im Rahmen des Pilotprojekts vom St. Galler Tagblatt) ausführlich mit Content bespielt. Ganze 180 Posts pro Monat veröffentlicht die Tamedia-Tochter.
- Neuere Medien wie Watson, Nau.ch, Tsüri.ch etc. sind erwartungsgemäss auf den Socials viel stärker vertreten – auch mit innovativen Formaten.
- Auch bei den klassischen Medien wird Social Media stärker genutzt als im letzten Jahr. Die Followerzahlen auf Facebook sind überall angestiegen und auch Instagram wird stärker bespielt als im Vorjahr.
Hast du weitere Anregungen zum Social Media Check oder möchtest du, dass wir die Social Media Performance deines Unternehmens genauer unter die Lupe nehmen? Mit unserem Social Media-Check helfen wir dir, deinen Online-Auftritt zu optimieren.
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