Wie soll ich meine Geschichten erzählen, besser trans- oder crossmedial?
Weiter im Text mit meiner Serie zum Thema Social Websites und Storytelling. Es scheint, dass dieses Thema noch einige Geschichten und Inhalt bietet. Und wie wir seit meinem letzten Blogbeitrag wissen «Geschichten sind mein Schatz». Doch möchte ich meinen Schatz lieber trans- oder crossmedial verbreiten? Dieser Frage gehe ich in diesem Beitrag auf den Grund.
Was ist der Unterschied von trans- und crossmedialem Storytelling?
Klingt kompliziert, ist es in Tat und Wahrheit aber eigentlich gar nicht.
Das transmediale Storytelling ist von Henry Jenkins geprägt, der es in seinem Blog im Jahr 2007 wie folgt beschreibt: «Transmedia storytelling represents a process where integral elements of a fiction get dispersed systematically across multiple delivery channels for the purpose of creating a unified and coordinated entertainment experience. Ideally, each medium makes it own unique contribution to the unfolding of the story. (Henry Jenkins, 2007)
Es geht also darum, einzelne, aufeinander abgestimmte Teile einer Geschichte über mehrere Kanäle so zu verteilen und miteinander in Beziehung zu setzen, dass für den Rezipienten ein einheitliches und koordiniertes Unterhaltungserlebnis geschaffen wird. Summiert entsteht eine übergeordnete und übergreifende Geschichte – eine Storywelt oder eine Art multimediales Puzzle. Eine Geschichte kann so laufend weiterentwickelt und inhaltlich aufgeladen werden.
Wem das zu überladen wirkt, dem bietet sich im Unterschied dazu das crossmediale Storytelling. Hier wird jeweils eine Story oder auch mehrere jeweils für sich abgeschlossene Geschichten über unterschiedliche Kanäle verbreitet.
Gemeinsam ist den beiden Erzählkonzepten, dass sie über beliebige Formate aus der Off- und Online-Welt gestreut werden können, also z.B. Social-Media-Plattformen, Websites, Printprodukte, Events, TV, Radio, etc.
Pulp Fiction, Kill Bill, Reservoir Dogs – Tarantino ist ein guter Geschichtenerzähler
Es war einmal und bleibt. Die Faszination für ineinander im Erzählstrang verknüpfte Geschichten ist seit anno dazumal gross. Denken wir an Filme wie Pulp Fiction oder Reservoir Dogs von Kultregisseur Quentin Tarantino wissen wir, hier ist einer am Werk der es liebt seine Filme über Dialoge, Markenzeichen oder Anspielungen miteinander zu verknüpfen. Ob nun innerhalb eines einzelnen Filmes oder über die Filme hinweg, hier ein paar Beispiele:
- In Reservoir Dogs wird über Pam Grier gesprochen die erst fünf Jahre später in Jackie Brown die Hauptrolle spielte
- Vic Vega aus Reservoir Dogs ist der Bruder von Vincent Vega aus Pulp Fiction
- Der Klingelton von Abbey’s Mobiltelefon aus Death Proof ist die Titelmelodie von Kill Bill
Auch die Darsteller von Tarantino sind wiederkehrend, denken wir an Uma Thurman aus Pulp Fiction und Kill Bill oder Samuel L. Jackson aus Django Unchained und Jackie Brown. Die Filmografie von Quentin Tarantino ist im Grunde genommen ein grosses einheitliches und koordiniertes Unterhaltungserlebnis für die Zuschauer. Und so überrascht es nicht, dass die Wurzeln des transmedialen Erzählens in der Film- und Fernsehbranche liegen.
Und wie war das eigentlich mit der Hexe von Blair?
Der Low Budget Horror-Film «The Blair Witch Project» aus dem Jahre 1999 kann auch als Paradebeispiel für das transmediale Storytelling genannt werden. In einer Zeit als das Thema Transmedialität noch nicht in aller Munde war, geschweige denn als konzeptioneller Ansatz in der Unternehmenskommunikation.
Es wird die Geschichte von drei Studenten erzählt, die sich auf die Spur der Hexe von Blair begeben und dann unter mysteriösen Umständen verschwinden. Und das Spannende daran: Die Hintergründe zu dieser Story wurden bereits im Vorfeld des Kinofilms auf unterschiedlichen Kanälen verbreitet. Ein Jahr vor dem Filmstart ging die Webseite www.blairwitch.com live. Auf der Website wurden fiktive Interviews mit Angehörigen und vermeintliche Tatsachenberichte zum Verschwinden der Studenten gestreut. Online waren Informationen zur Hexe von Blair enthalten, zusammen mit dem Mythos um die Hexe und scheinbar historischem Beweismaterial zur Hexe, ein 1809 veröffentlichtes Buch oder Filmmaterial von den 1940er-Jahren über einen Serienmörder der im Auftrag der Hexe von Blair gehandelt haben solle – alles frei erfunden.
Die Macher des Projektes wussten die einzelnen Kanäle ausserordentlich gut zu nutzen um die komplexe Geschichte rund um die Hexe von Blair glaubhaft und furchteinflössend zu vermitteln. Von daher sehr gut erfunden und ein transmedialer Erzählansatz der in die Filmgeschichte einging und mir heute noch das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Und wie war das nun nochmals mit dem crossmedialen Storytelling?
Immer noch einfach oder eben einfacher als das transmediale Storytelling – es geht um Inhalte in Form von Schriften, Fotos, Grafik, Ton oder eben gleich Bewegtbild mit allem drum und dran, um dieses dann auf unterschiedlichen Kanälen zu streuen, z.B. Print und Websites, App und Newsletter, Podcasts oder soziale Plattformen. Beim crossmedialen Storytelling handelt es sich schlicht und einfach um ein medienübergreifendes Erzählen. Eine Story angepasst auf das jeweilige Medium.
Und wie sieht das in der Praxis aus?
Fiktives Thema: «Alain Sutter kehr zum Grasshopper Club Zürich zurück» mit folgendem Szenario. Alain Suter tritt einmal mehr als poetischer Fussballexperte bei SRF zusammen mit Moderator Rainer Maria Salzgeber auf und verkündet dabei überraschend, dass er ab kommender Saison wieder als Flankengott bei GC Zürich auftritt. Das Thema macht schnell die Runde und VJs von Tele Züri berichten am Folgetag live und direkt aus der Hardturmbrache über die sensationelle Neuverpflichtung des Altgedienten. Die Fans aller Couleur tweeten und posten parallel auf Sutters Social Website, die Kommentare wiederum sorgen für Stirnrunzeln der Gratis-Pendler in 20 Minuten, das Thema hat Kampagnencharakter und beherrscht gezielt die Medien für eine kurze Zeit.
Fazit:
- Transmediales Storytelling ist definitiv nachhaltiger und hat weniger Sensationscharakter als crossmediales Storytelling
- Alain Sutter ist der beste Fussballexperte auf SRF
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