Fort McMoney: Ist dies die Zukunft des Online-Journalismus?
Sie liegt ganz im Norden Kanadas – die Boomstadt, die von Energiekonzernen regiert wird. Fort Mc Murray ist voller Gegensätze. Bauwahn und Zerstörung, Jobs und Arbeitslosigkeit, Öl und Natur. David Dufresne hat mit seinem Doku-Spiel Fort McMoney ein neues, hybrides Medium geschaffen, bei dem die Spieler die Herrschaft über die virtuelle Zukunft der Stadt übernehmen können. Damit trifft er den Nerv der Zeit und ergründet die Kultur des Internets.
Mit imposanten Bildern und dokumentarischen Aufnahmen erfahren die Spieler, wie die Bewohner von Fort McMurray denken. Das Doku-Spiel entstand aus einem Zwiespalt zwischen sozialen und ökologischen Problemen einerseits, dem omnipräsenten Wirtschaftsboom andererseits. So können die Spieler die Ölproduktion in Fort McMurray komplett auf Eis legen – dies würde dem Erfolg der Umweltschützer entsprechen. Oder sie können die Ölproduktion exponentiell ansteigen lassen – dies würde dem Erfolg der Industrie entsprechen. Klar können sich die Spieler auch auf einen weniger extremen Standpunkt stellen, es geht ja auch nicht vorwiegend darum, dass eine Seite gewinnt und die andere verliert, sondern darum, dass die Spieler abwägen, argumentieren, sich austauschen und gegebenenfalls Kompromisse eingehen. In Fort McMoney erhalten die Spieler einen Einblick, wie sich die Stadt entwickeln würde, wenn die Online-Community das Sagen hätte. Und genau hier trifft Dufresne mit seinem neuen Medium den Nerv der Zeit, denn genau das ist ja die Kultur des Internets – dass sich Menschen verbinden, verlinken, teilen und Neues entsteht.
Hinter all den Diskussionen um die positiven und negativen Auswirkungen des Öls und unsere Abhängigkeit von diesem Rohstoff, spricht Dufresne aber eigentlich über einen Kampf, indem sich alle von uns dauernd befinden. Denn Fort McMoney ist ein Spiel über den Kapitalismus. Und der Kapitalismus ist das grösste Spiel auf der Welt. Jeder von uns spielt es jeden Tag. Fort McMurray allerdings ist die wohl kapitalistischste Stadt der Welt. Daher wurde das Doku-Spiel auch Fort McMoney genannt.
Fort McMoney wirft die Frage auf, wie die Interaktivität die Art wie wir uns austauschen und Leute involvieren verändert? Das Doku-Spiel reisst die Mauern und Regeln bisheriger Erzählweisen ein: Fort McMoney schafft eine Alternative zu anderen Dokumentationen, die kaum Beachtung finden, Filmen, die es kaum vermögen derart zum Nachdenken anzuregen, Computerspielen, die zwar äusserst unterhaltsam aber selten wirklich informativ sind und Zeitungen, die zwar höchst informativ, aber selten so packend und einnehmen sind. Und all dies vermag David Dufresne in Fort McMoney in einen schlagfertigen Mix zu packen – eine neue Form des Online-Journalismus.
Was haltet ihr von dieser neuen Form des Online-Journalismus und würdet ihr bei einem Spiel wie Fort McMoney mitmachen?
Bildquelle: Elias Branch für rioa
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