Foren vs. Facebook: Vor- und Nachteile eines Forums

Die Bedeutung von Foren als Kommunikationsplattform im Internet scheint immer mehr abzunehmen. Ein möglicher Grund dafür ist das Aufkommen von Social Media wie Facebook. User wandern auf diese Kanäle ab und befriedigen ihr Diskussionsbedürfnis dort. Die Folge: Immer mehr Foren verlieren an Traffic und machen eventuell gar ganz dicht.

Der Konflikt von Foren und Social Media wird hier in diesem Blog anhand eines Fallbeispiels dargestellt. Diese Woche geht es um die Sicht eines Forums, nächste Woche folgen die Vor- und Nachteile einer Facebook-Gruppe.

Für die Sicht der Forenseite habe ich ein Interview mit Andreas Schwarzinger und Malte Spielberger geführt. Sie betreiben das uniboard.ch, das führende Forum für Studierende in der Schweiz mit über 40‘000 registrierten Usern.

Uniboard

Die Betreiber des uniboard.ch können einen Userschwund nicht bestätigen, stellen jedoch einen Rückgang der Nutzungsintensität des Forums fest. Das Forum als Instrument, um Fragen zu stellen und zu beantworten, wird seltener gebraucht als früher. Dafür werden vermehrt andere Funktionen wie der FileExchange, ein Downloadbereich für Zusammenfassungen und alte Prüfungen, genutzt.

Aufkommen von Facebookgruppen

Durch die Bedeutungszunahme von Facebook in den letzten Jahren sind dort viele private Facebook-Studenten-Gruppen entstanden. Teilweise gibt es nicht nur eine Facebook-Gruppe pro Fachrichtung, sondern auch mehrere für verschiedene Jahrgänge. Genau diese grosse Masse an Gruppen stört die Betreiber des Uniboards, da so der Wissensaustausch zwischen älteren und jüngeren Studierenden verloren geht. Zudem würden immer wieder die gleichen Fragen gestellt und verschwinden anschliessend in der Timeline von Facebook. Es gibt dort keine klare Struktur und der Austausch ist kaum nachhaltig.

„Studentische Facebook-Gruppen sind für uns deshalb „Konkurrenz“ und ein Problem, weil wir der Meinung sind, dass durch sie Wissen verloren geht, Ineffizienzen im studentischen Austausch entstehen und Potentiale des Austauschs verschenkt werden.“

Vorteile eines Forums

Diese fehlende Nachhaltigkeit einer Facebook-Gruppe ist genau der Pluspunkt eines Forums. Diskussionen werden langfristig gespeichert und sind dank der Forenstruktur und Suchfunktion jederzeit wieder auffindbar. Zudem wird laut den Betreibern des uniboard.ch in einem Forum mehr Wert auf Diskussionen gelegt, während in einer Facebook-Gruppe nur schnellstmöglich die beste Antwort gesucht wird. In einem Forum hat man ferner die Möglichkeit, anonym zu agieren, was die Hemmschwelle beim Stellen einer Frage senken kann. Im Fall von Foren gibt es zudem klare Verantwortlichkeiten seitens der Betreiber, was auch dessen längerfristige Stabilität sichert. Facebook-Gruppen sind von ihren Admins abhängig und könnten vom einen Tag auf den anderen geschlossen werden. Das realistischere Szenario ist aber wohl, dass eine Gruppe nach dem Ausscheiden eines Admins aus dem Studium oder seinem Abschluss einfach einen „langsamen Tod“ stirbt – und damit auch alle darin enthaltenen Inhalte. Zudem sind diese Gruppen den Richtlinien und technischen Möglichkeiten von Facebook unterworfen.

Nachteile eines Forums

Ein Nachteil eines Forums im direkten Vergleich mit Facebook-Gruppen ist aus Sicht vieler User die Usability. Will man einen neuen Beitrag eröffnen, muss man sich mit der Forenstruktur auseinandersetzen, das heisst es braucht viele Klicks, bis dann der Beitrag wirklich gepostet ist. Auch die Forenkultur kann prinzipiell zu einem Problem werden (was laut den Betreibern auf dem uniboard.ch bisher nicht der Fall ist). Neben dem klassischen Internettroll, der im Schutze der Anonymität besonders gut gedeiht, können insbesondere sehr aktive und langjährige Mitglieder von Foren dazu tendieren, eine gewisse Anspruchshaltung an das von ihnen genutzte Forum zu erheben und sich selbst als „Wächter“ der Forenkultur anzusehen – mit entsprechend niedriger Geduldsspanne für Neulinge und einem entsprechenden Umgangston.

„In einer Facebook-Gruppe wird niemals jemand hinschreiben ‘Nutze die Suchfunktion, das Thema wurde hier schon mal behandelt‘.“

Auch können Diskussionen in einem Forum abschweifen, was mühsam sein kann, wenn man nur eine bestimmte Antwort auf eine Frage sucht. Die oben bei den Vorteilen aufgeführte Anonymität in einem Forum kann sich auch zum Nachteil auswirken. So wollen laut den uniboard.ch-Betreibern Studierende heute oftmals eine Gegenleistung für ihre Hilfeleistungen – sei es finanzieller Natur oder, falls das nicht möglich ist, dann wenigstens in Form von persönlicher Anerkennung, was natürlich nur funktioniert, wenn man nicht anonym agiert. User-Feedback gegenüber den Betreibern vom uniboard.ch hat auch gezeigt, dass sich manche gar erhoffen, beim Beantworten einer Frage eines Studierenden mit einem hübschen Profilbild beim anderen Geschlecht zu „punkten“. Studierende wollen zudem oftmals eher unter sich im Freundeskreis bleiben, als mit in einer anonymen Masse von Studenten zu interagieren. Ein weiterer Punkt ist die Abhängigkeit von Technik beim Aufsetzen eines Forums. Eine Facebook-Gruppe ist dagegen ohne Programmierkenntnisse innerhalb weniger Minuten eröffnet.

Zukunft von Foren

Andreas Schwarzinger und Malte Spielberger sehen Facebook-Gruppen als eine aktuelle Ausprägung vieler verschiedener (Konkurrenz-)Formen des (studentischen) Austauschs. Dennoch glauben sie, dass Foren nie vollständig aus dem Internet verschwinden werden.

„Fakt ist, dass es schlichtweg keine brauchbare Alternative zu dem gibt, was Foren richtig gut können: Diskussionen strukturiert ablaufen zu lassen, darzustellen und das ausgetauschte Wissen nachhaltig und langfristig für die Nachwelt zu speichern.“

Zudem ist es aus ihrer Sicht nicht entscheidend, welche technische Lösung zur Darstellung von Diskussionen am besten geeignet ist, sondern welche Plattform / Community es schafft, die wertvollsten und nutzenstiftendsten Inhalte zu generieren und zu sammeln. Denn letztendlich wird eine Plattform auch von ihren Nutzern getragen.

Trotzdem glauben die Betreiber des Uniboards, dass es reine Foren im klassischen Sinne in Zukunft immer schwerer haben werden. Deshalb versuchen sie bereits seit geraumer Zeit, die Nachteile eines klassischen Forums durch technische Weiterentwicklungen und neue Features zu eliminieren und die Vorteile anderer Lösungen zu integrieren.

So verschliesst sich das Uniboard auch nicht vor neuen Medien und betreibt selbst eine Facebook-Page sowie einen Twitter-Account. Diese sind vor allem dazu da, neue User für das Uniboard-Forum zu gewinnen.

Abschliessend noch einmal die die Vor- und Nachteile eines Forums im Überblick: