Interview mit Christian Lüdi, Social Media Manager bei der SWISS
Christian Lüdi, seines Zeichens Social Media Manager bei der Fluggesellschaft SWISS, ist schon ein Weilchen im Geschäft. Wir durften ihm ein paar Fragen zu seinem Beruf sowie seinen Erfahrungen, zu den Aktivitäten von SWISS im Social Web und zur Zukunft von Social Media stellen. Und haben ein paar spannende Antworten erhalten. Aber lest selbst.
Welches Unternehmen würdest du in der Schweiz bzgl. Social Media als Best Practice bezeichnen, und wieso?
Nebst uns? 😉 Da gibt’s viele, ich nenn der Einfachheit halber 3. Die Migros macht es super, ein bisschen spielerisch und sehr vielfältig. Die betreuen auch viele Marken und Regionen und machen dies schön individuell. Swisscom macht ebenfalls einen sehr tollen Job, gerade was den Kundenservice angeht. Und ich finde auch Ovomaltine ein sehr gutes Beispiel, wie ein kleines Unternehmen mit wenig Ressourcen engagiert auftreten kann.
Du arbeitest bei der SWISS als Social Media Manager. Welche Skills muss ein erfolgreicher Community Manager haben?
Da gibt’s mittlerweile eine Vielzahl von. Eine solide Kommunikationsausbildung ist sicher von Vorteil. Bei einem internationalen Unternehmen sind Fremdsprachen natürlich auch sehr wichtig. Hinzu kommen sehr gute Kenntnisse der eigenen Produkte und Services (lernt man dann on the Job, muss man aber schnell machen). Aus meiner Sicht ist auch vernetztes Denken ein wichtiger Punkt. Und wie es ja schon im Namen steht, sind soziale Skills sehr wichtig, denn man arbeitet auf der einen Seite mit Kollegen aus allen Bereichen (man muss intern auch sehr gut vernetzt sein) und auf der anderen Seite mit der Community zusammen.
Du hast deine Ausbildung an der HSLU (Kommunikation&Marketing) gemacht. Welche Tipps würdest du jungen Menschen geben und welche Ausbildung würdest du für den Einstieg in das Social Media-Geschäft empfehlen?
Eine gute Kommunikationsausbildung ist sicher viel Wert. Auch das bisschen BWL und VWL hat gut getan. So gesehen war meine Ausbildung an der HSLU optimal und ich kann sie nur weiterempfehlen.
Die SWISS kommuniziert auf Facebook ausschliesslich in Englisch. Weil es von der Handhabung einsprachig einfacher ist oder gibt es sonst einen Grund? Wie ist die Akzeptanz bei den Usern?
Das hat den Grund, dass wir sonst nebst Deutsch gleichzeitig auch mindestens in Französisch und Italienisch kommunizieren müssten. Ist also in erster Linie der Einfachheit halber so. Fördernd ist, dass die Airlinesprache ebenfalls Englisch ist, genauso wie die Internetsprache.
Die Akzeptanz der User ist sehr hoch, es gibt selten Reklamationen deswegen. Bis jetzt wurde unsere Begründung, warum wir nur in Englisch kommunizieren, jedes Mal verstanden.
Wenn wir aber lokal kommunizieren, machen wir das sogar meist in der jeweiligen Landessprache. So findet man auf unserer Facebook Fanpage unter anderem auch Updates in Griechisch, Russisch und Serbisch. Dabei werden wir jeweils von unseren Leuten in den jeweiligen Märkten unterstützt. Sie sind auch dafür verantwortlich, die Kommentare zu lesen und mir allenfalls Antorten auf Fragen in derselben Sprache zu schicken.
Bei einer Airline ist die „Gefahr“ sicher gross, dass User Social Media als zusätzliche Servicekanäle nutzen. War das vor der Einführung von Facebook ein Thema? Und wie hat man entschieden, damit umzugehen?
Das war bei Einführung noch kein Thema, aber auch nur, weil das zu dem Zeitpunkt (Mai 2009) schlicht noch kein Thema war, auch aus Sicht der Fans/Kunden. Wir haben dennoch von Anfang an alle Fragen beantwortet (mit allen Fragen meine ich die, die eine Antwort von uns brauchten). Mit dem Vulkanausbruch konnten wir es aber nicht mehr steuern, die Kunden setzten darauf. Seither steht der Kundenservice sogar im Zentrum unseres Social Media Engagements und wir sind da grad an einem ziemlich grossen Projekt, das leider noch nicht ganz spruchreif ist. Was ich sagen kann, wir werden den Kundenservice einiges verstärken und –bessern.
Denn, auch aus Sicht eines Unternehmens hat Social Media als Kundenservicekanal enorme Vorteile. Zum einen ist da die Geschwindigkeit, man hat hier Live-Tools an der Hand. Durch die iPhones und Co. können diese Kanäle auch ganz einfach unterwegs benutzt werden. Des Weiteren ist die Facebook Pinnwand eine Art FAQ, unter Umständen findet ein Fan die Antwort auf seine Frage beim Post eines anderen Users. Fans helfen Fans, Unternehmen werden so von Fans unterstützt. Und aus Kundensicht ist es sehr unkompliziert, so mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten.
Die SWISS ist auf Facebook, Twitter, flickr und sogar mit einem eigenen Blog im Netz präsent. Wie entscheidet ihr, welche Instrumente eingesetzt werden und welche (noch) nicht?
Wir sind ganz am Anfang gleich mit Facebook, Twitter, flickr und YouTube gestartet. Facebook und Twitter waren schon damals sehr populär, flickr und YouTube jeweils die grössten Plattformen ihres Faches. Zudem schauen wir uns konstant an, was es so neues gibt. So sind wir dann auch mal auf FlyerTalk (eines der grössten Vielfliegerforen der Welt) aktiv geworden, weil wir nach intensivem Beobachten gesehen haben, dass wir da viel rausholen und auch geben können. Genauso schauen wir auch, ob unsere Kanäle weiterhin erwünscht sind und haben z.B. mal unseren Delicious-Account gelöscht, weil den niemand brauchte. Man könnte das mit unserer Abteilung Network Planning vergleichen. Diese Abteilung analysiert stets unsere Flugrouten und potentielle Routen und ist dann auch die Kraft dahinter, wenn eine neue Route aufgenommen werde sollte oder eben eine eingestellt werden muss.
Den Blog haben wir nicht gemacht, weil es auf einmal Mode war, sondern weil wir eine Plattform suchten, die uns mehr Platz bietet als Facebook und Twitter, wo auch die Updates ein bisschen langlebiger sind als auf Facebook und Twitter und trotzdem eine dynamische Plattform ist.
Die SWISS ist auch auf google+. Welche Erfahrungen habt ihr bisher mit dieser Plattform gemacht und wie sind deine Prognosen?
Das ist ganz schwierig. Im Moment sehen wir noch keinen richtigen Nutzen. Ist aus meiner Sicht eine grosse Wundertüte. Dennoch war der Hype vor allem zu Beginn sehr gross. Damit wir im Moment noch nicht allzu viel investieren müssen, ist der Inhalt derselbe wie auf Facebook. Wie das mit G+ weiter geht, ist sehr schwierig zu sagen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass G+ einmal zu einem ernsthaften Businessnetzwerk à la Xing wird. Gerade die Google-Docs und ähnliche Funktionen sind für Businesskontakte sehr interessant.
Bei euch ist auch ein Social Media Newsroom im Einsatz. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen, was sind die Vorteile und was bringt das?
Die Idee war, eine zentrale Anlaufstelle für Onlinejournalisten und Blogger zu erstellen. Darum haben wir zusätzlich zu allen Social Media Profilen auch unsere Pressemitteilungen eingebaut. Nach dem Live-Going haben wir bemerkt, dass ein Newsroom auch für interne Zwecke super ist. So kann man Mitarbeiter, die von Social Media keine oder nur wenig Ahnung haben, auf diesen Newsroom verweisen. Hier haben sie eine tolle Übersicht über sämtliche Aktivitäten.
Ein weiterer Grund ist auch das Google-Ranking. Da komm ich zwar nicht draus, habe mir aber sagen lassen, dass ein Newsroom diesbezüglich nur Vorteile bringt.
Auf blog.swiss.com gibt es durchschnittlich 1x pro Woche einen Post. Und das seit zwei Jahren. Wir, die wir selber bloggen, wissen um den Aufwand. Wie macht ihr das? Habt ihr eine Redaktionsleitung? Wer liefert Inhalte?
Am Anfang war das in der Tat schwierig resp. sehr aufwändig mit Interviews und Ghostwriting etc. Mittlerweile werden aber praktisch alle Artikel von den Mitarbeitern selber geschrieben. Dies spart enorm viel Zeit. Die meiste Zeit von unserer Seite fliesst in die Vorbereitung: Was ist das nächste Thema/der nächste Themenblock? Was interessiert dabei die Leser? Wer kommt als Autor in Frage? Und dann das Briefing etc. der Autoren.
Zusammengefasst: Die Idee kommt meist von uns (ab und zu kommt die Idee auch gleich von Mitarbeitern) und dann gleisen wir alles auf, d.h. fragen die potentiellen Autoren an, erklären ihnen was wir in etwa wollen und was die Deadlines sind und kümmern uns dann um Übersetzung und das Aufschalten.
Wo oder worin liegen die Grenzen von Social Media?
No comment (=schlicht keine Ahnung)
Ach ja, noch was: Bist du auch mal offline…? Geht das überhaupt noch?
Oh ja! Nicht einfach, aber sehr wertvoll. Ich bin eh nah an einer Überdosis online. Daher zwing ich mich in den Ferien jeweils, nicht resp. nur in zwingenden Fällen online zu gehen. Emails, Facebook und Twitter lese ich aber mittlerweile gar nicht mehr im Urlaub. Ich hab schnell gemerkt, dass ich mich so am besten erholen kann. Und das zieh ich durch.
Werfen wir den Blick in die Zukunft. Was sind deiner Meinung nach die grössten Trends im Bereich Online-Kommunikation.
Puh, auch eine schwierige Frage. Aus meiner Sicht wird der Kundenservice auf Social Media (speziell bei Dienstleistern) immer wichtiger. Die Kunden/Fans wollen es, das sehen wir bei uns (seit dem Vulkanausbruch im April 2010). Man hat keine Chance, es einfach nicht zu machen. Da liegt auch enorm grosses Potential für Unternehmen drin!
Speziell Social Media steckt aus meiner Sicht noch immer in den Kinderschuhen, es gibt diverse Themen, die wir bei SWISS noch nicht wirklich getestet haben oder erst am testen sind, so zum Beispiel Marktforschung oder Employer Branding.
Ein weiterer Trend sind spezifische Netzwerke. Nehmen wir zum Beispiel WAYN.com, eine Art Facebook für Reisende. Hier wäre ein Engagement von SWISS sicher akzeptiert, sind die Leute ja genau wegen dem Reisen mit dabei. Ob sich solche Netzwerke durchsetzen werden, zeigt die Nahe Zukunft.
Dann wird auch das ganze Mobile immer wichtiger. Da kann ich aber nicht mehr zu sagen, da ich – obwohl iPhone-User – überhaupt nicht auf dem neusten Stand bin, was man da Marketing- und Kommunikationstechnisch so alles anstellen kann.
Herzlichen Dank für das spannende Interview!
Bitte schön 😉
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