Storytelling Teil 2: der berühmte rote Faden
…Ja, und daraus schliessen wir, dass wir hier definitiv mehr machen müssen, weil wir…ja, ehem. Ja, was denn genau? Könnte da jemand zufällig den Faden verloren haben? Wohl jeder von uns war schon einmal in der Situation, eine Erzählung, eine Geschichte oder vielleicht einen Witz zu erzählen und mittendrin geschieht es: wir haben einen Aussetzer. Warum? Weil wir entweder zu weit ausgeschweift sind oder von Anfang an gar nicht wussten, worauf wir überhaupt hinauswollten. In diesen Fällen hätten wir ihn gebraucht. Den berühmten roten Faden. Doch warum ist der so wichtig? Und warum ist er überhaupt rot?
Warum, weshalb, wieso
Wenn man vom roten Faden spricht, meint man den Leitgedanken, der sich durch eine Geschichte, einen Film, eine Fernsehserie oder ein Buch zieht. Seinen Ursprung hat er in Goethes Werk «Wahlverwandtschaften». Darin war die gesamte königliche Flotte mit einem roten Faden verbunden. Wurde der an einer Stelle losgemacht, so löste sich das gesamte Werk und alles fiel auseinander. Diese Verbildlichung hatte sich so in die Köpfe der Menschen festgesetzt, dass er sich von da an in unseren Sprachgebrauch etablierte. Der rote Faden hält also den Handlungsstrang zusammen und führt den Leser oder Zuschauer durch die Geschichte bis ans Ende – oder darüber hinaus. Denn er kann als Cliffhanger in einer Fortsetzung weitergeführt werden.
Ein griffiges Beispiel für einen gelungenen roten Faden ist die «Jason Bourne» Filmreihe. Ohne jegliche Erinnerung wer er ist, wacht Jason Bourne klatschnass auf dem Tisch eines Fischerboots auf. Ab diesem Augenblick ist er auf der Suche nach seiner Identität und muss gegen Auftragskiller, die US-Regierung und sich selbst kämpfen. Die wilde Suche nach Antworten zieht sich bis in den dritten Film rein – ohne je die Spannung zu verlieren.
Ein roter Faden ist also unerlässlich, will man die Aufmerksamkeit der Leser behalten. Wenn dies nicht gelingt, fliegt das Buch auf den Altpapierstapel oder die Zuschauer stehen während der Filmvorstellung auf und verlassen den Kinosaal. Das Resultat: schlechte Kritik. Dabei können Internetplattformen wie «rotten Tomatoes» oder «Imdb» über das Schicksal vieler künstlerischer Werke entscheiden. Entspricht der Film oder das Buch nicht den Erwartungen der Konsumenten, erscheint ein grüner Klecks anstatt einer frischen Tomate – und der Film verschwindet genauso schnell in die Versenkung, wie das Popcorn unterm Kinositz.
How to Faden spinnen
Da wir nun wissen, wie wichtig eine gut durchdachte Handlung ist, möchten wir auf keinen Fall eine zusammenhangslose Erzählung starten. Jetzt stellt sich die nächste Frage: Wie schaffe ich es, einen roten Faden für meine Story zu erstellen? Um dies zu klären, müssen drei essenzielle Punkte beantwortet werden.
Was ist das Motiv?
Für eine gute Geschichte ist es wichtig zu wissen, was das Leitmotiv ist. Was treibt sie an? Ist es Liebe? Rache? Oder etwas grundlegend anderes? Was auch immer die Figuren in der Geschichte antreibt, das Motiv ist der Kern. Das A und O. Natürlich kann es manchmal vorkommen, selbst mit einem roten Faden auszuschweifen und den Leser zu lange hinzuhalten. Aber das Potenzial, eine aussergewöhnliche Erzählung hervorzubringen, steigt um einiges an. Wer Hilfe braucht sein Motiv zu finden, sollte einen Blick auf seine Buch- oder Filmsammlung werfen. Wer die wilden Ausschmückungen beiseiteschiebt, erkennt, dass die epische Star Wars Saga auch nur ein intergalaktischer Familienstreit ist. Kennt man also das Motiv, ist es Zeit sich an die Handlung zu setzen.
Was ist das Ziel?
Es ist wichtig zu wissen, wohin man mit seiner Erzählung am Ende hin möchte. Klingt zunächst sehr philosophisch, ist es aber gar nicht. Denn wer ein Anfang und ein Ende hat, kann die mittleren Lücken füllen. Fehlt aber auch das Ziel, muss man die Logik einsetzen.
Nehmen wir als Beispiel eine Detektivgeschichte. Die Ausgangslage sieht wie folgt aus: das Opfer wird tot unter der Brücke von einem Obdachlosen gefunden. In seinem Rücken steckt ein Messer. Wie also kann man hier weitermachen? Folgt man der Logik, stellen sich mehrere Fragen: gab es Zeugen? Wer war das Opfer? War das Mordopfer männlich oder weiblich? War es geschieden oder verheiratet? In diesem Fall würde die Geschichte als Nächstes diese Aspekte beleuchten. Die Charaktere werden vorgestellt und die einzelnen Szenerien aufgezeigt. Dabei tun sich, ähnlich einer Weggabelung, neue Aspekte der Geschichte auf und der Prozess geht von vorne los.
Wer ist meine Zielgruppe?
Ein solides Motiv und ein gefestigtes Ende sind aber nur die halbe Miete. Denn das ganze Gerüst steht und fällt mit der Zielgruppe. Denn wer nicht zielgruppengerecht seine Texte verfasst, der wird auch niemanden finden, der seine Geschichte schlussendlich kauft. Bevor man also loslegt, muss man sein Publikum kennen. Für wen mache ich das? Wer würde meine Geschichte lesen? In diesem Prozessschritt kann es helfen, sogenannte Personas zu erstellen Know your audience heisst hier die Devise.
Sammeln, sammeln, sammeln
Um diese Ideen nicht zu vergessen, sollte man sie unbedingt aufschreiben. Hierbei können helfen:
- Post-its
- Word-Dokumente
- Notizbuch
- Papierblock
- Pinnwand
Egal welches Hilfsmittel zum Einsatz kommt, es stärkt den Verfasser und lässt ihn seine oftmals wirren Gedanken sortieren. Im Verlaufe des Brainstorming-Prozesses kristallisieren sich immer mehr Eckpunkte der Geschichte – und hoffentlich auch das ersehnte Ende.
Fazit
Um eine packende Geschichte zu erzählen, muss der Handlungsstrang einem roten Faden folgen. Um diesen zu erstellen, müssen 3 Fragen geklärt werden. «Was ist mein Motiv? Was ist das Ziel? Und wer ist meine Zielgruppe?» Hinzukommt, dass man sich während dieses Prozesses die Ideen unbedingt aufschreiben sollte. Beachtet man all diese Punkte, ist der Weg zu einer soliden und spannenden Geschichte geebnet – und das fleissige Schreiben kann losgehen.
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