Master of Science in Influencing?
Die Berufswelt verändert sich und mit ihr auch das Ausbildungsangebot, das auf die sich wandelnden Berufsbilder und die damit verbundenen Anforderungen reagieren muss. Es entstehen also nicht nur neue Berufe, sondern auch neue Lehr- und Studiengänge. Wundert es also, dass es nun tatsächlich einen Diplomlehrgang für künftige Influencer gibt?
Lehrgang an der eigens dafür gegründeten Academy
Die swiss digital influencer academy wurde wohl gegründet, um dem wachsenden Bedürfnis der Jugendlichen – gerne als «Generation Selfie» bezeichnet –, gerecht zu werden, die als Berufswunsch vermehrt Influencer angibt. Zeitgleich ist Influencer Marketing ein von vielen Firmen erfolgreich eingesetztes Marketinginstrument, wobei das Interesse an professionellen und kooperativen Werbeträgern gross ist.
Im vergangenen Herbst fand der Lehrgang zum ersten Mal statt. Austragungsort war Zürich, ab 2019 werden aber auch Luzern und Bern zu Influencer-Schmieden. Zudem sind während des Studiums Aufenthalte in Davos, Monaco, Mailand und Berlin geplant.
Stundenplan an der swiss digital influencer academy
Influencer sein heisst, an hübsche Orte zu reisen, für einen Fotografen zu posieren und anschliessend die Bilder auf dem eigenen Instagram-Kanal hochzuladen? Nicht ganz, hinter dem Beruf steckt sehr viel mehr, das werden insbesondere erfolgreiche Influencer nicht müde, zu betonen. Aus diesem Grund ist auch der Lehrgang bzw. der Stundenplan relativ vielfältig aufgebaut: professionelles Texten, Schreiben, Redigieren, Bild und Bildbearbeitung, Dreh, Schnitt und Vertonung von Videos, Persuasion und Beeinflussung, Sprechausbildung, Medienrecht, Verlagsmanagement, Luxury Influencer Marketing, Influencer Marketing, Fitness und Food Influencer Marketing und schliesslich Fachjournalismus.
Voraussetzungen für künftige Influencer
In der Broschüre der Akademie steht bei den Zulassungsbedingungen:
«Zugelassen sind alle Interessentinnen und Interessenten, die von einem Unternehmen als Influencer auserkoren wurden und somit die Ausbildung im Sinne einer Inhouse Schulung besuchen. Dazu braucht es eine Anmeldung direkt durch das betreffende Unternehmen. Berufspraxis, einen Lehrabschluss oder ein Gymnasium usw. ist bei einer Inhouse Schulung nicht notwendig. Denn bei einer Inhouse Schulung bestimmt einzig und alleine das Unternehmen, wer aus seiner Sicht die Grundfähigkeiten und das Talent für eine Influencerausbildung mitbringt.»
Weiter sind alle Interessentinnen und Interessenten willkommen, die seit zwei Jahren nachweislich als Influencer tätig sind. Ebenso wie diese sind auch über 20-Jährige mit abgeschlossener Berufslehre oder gleichwertiger Erfahrung sofort zum Studiengang zugelassen.
Heisst also zusammengefasst: Fachliche Voraussetzungen sind praktisch keine nötig. Doch kann jemand, der sich bis anhin nur wenig oder gar nicht mit korrektem und zielgruppengerechtem Texten, professioneller Bilderstellung und -bearbeitung und Marketing/Kommunikation auseinandergesetzt hat, das im Rahmen dieser kurzen (mehr oder weniger) berufsbegleitenden Ausbildung professionalisieren?
Abschluss und Titel
Der Lehrgang umfasst 400 Lektionen und kann wahlweise in sechs oder zwölf Monaten absolviert werden. Abgeschlossen wird mit Diplomprüfungen, zu denen man wiederum nur zugelassen wird, wenn man die während der Ausbildungsmonaten zu verfassenden Studienarbeiten erfolgreich erledigt. Anschliessend darf man sich «Digital Influencer» nennen.
Das teure Versprechen
«Auftraggeber wollen genau wissen, wofür sie ihr Geld ausgeben, was sie von Influencern erwarten dürfen. Dieser Diplomlehrgang garantiert dir deine Professionalisierung.» So lautete das Versprechen der academy. Der Unterricht sei sehr praxisorientiert, sodass gut bezahlte Aufträge nicht lange auf sich warten liessen. Um professioneller Influencer zu werden, müssen allerdings CHF 5000.- investiert werden. Inbegriffen sind immerhin die Update-Kurzseminar-Angebote, die ab 2020 durchgeführt werden, sofern man Mitglied des Swiss Influencer Networks ist. Für die Hauptzielgruppe der 15 bis 18-Jährigen bleibt «Digital Influencer» wohl weiterhin ein Traum.
Fazit
Das Angebot der swiss digital influencer academy reagiert auf ein Bedürfnis der Berufseinsteigenden sowie der Unternehmen, die auf Influencer setzen und dabei sicher gehen wollen, dass ihr Geld gut investiert ist. Der Stundenplan verspricht einen interessanten Themenmix, der eine gute Grundlage für eine Tätigkeit im Medienbereich bieten kann. Als vollwertige Ausbildung sollte der Lehrgang allerdings nicht angesehen werden. berufsberatung.ch schreibt: «Dies ist keine Berufstätigkeit, welche einen regulären Ausbildungsweg ersetzt.» Ausserdem wird darauf hingewiesen, dass sich die meisten erfolgreichen Influencer in der analogen Welt einen Namen gemacht haben, bevor sie virtuell durchgestartet sind.
Ob ein Influencer erfolgreich ist oder nicht, wird wohl auch künftig in erster Linie davon abhängig sein, ob er oder sie talentiert ist, sich gut vermarkten kann und kooperativ ist. Und nicht zuletzt braucht es auch dafür – wie so oft – ein Quäntchen Glück.
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